ANSTELLE EINES VORWORTES: EINLEITENDE GEDANKEN VOM
SEL. JOHANNES PAUL II.
Vor
160 Jahren wurde ein Werk veröffentlicht, das dazu bestimmt war, ein Klassiker
der marianischen Spiritualität zu werden. Der hl. Ludwig Maria Grignion von
Montfort schrieb zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Traktat über die wahre
Marienverehrung, aber das Manuskript blieb über ein Jahrhundert lang
völlig unbekannt. Als es beinahe zufällig im Jahr 1842 entdeckt und 1843
veröffentlicht wurde, hatte es einen großen Erfolg, weil es sich als
ein außerordentlich wirksames Werk in der Verbreitung der »wahren Marienverehrung«
erwies. Ich selbst schöpfte in meinen Jugendjahren großen Gewinn aus der
Lektüre dieses Buches, denn darin »fand ich die Antwort auf meine
Ratlosigkeit«, die auf der Furcht beruhte, dass die Verehrung für Maria
und »ihre zu große Verbreitung schließlich den Vorrang der Verehrung, die
Christus zukommt, gefährdeten«. Unter der weisen Führung des hl.
Ludwig Maria verstand ich, dass, wenn man das Geheimnis Marias
in Christus lebt, diese Gefahr nicht besteht. Das mariologische Denken des
Heiligen »wurzelt im trinitarischen Geheimnis und in der Wahrheit von der
Menschwerdung des Wortes Gottes.«
Auf
meinem Bischofswappen... ist der Wahlspruch Totus tuus zu lesen, der sich
bekanntlich an der Lehre des hl. Ludwig- Maria Grignion von Montfort
inspiriert. Die beiden Worte bringen die vollkommene Zugehörigkeit zu
Jesus durch Maria zum Ausdruck: »Tuus totus ego sum, et omnia mea tua
sunt«, schreibt der hl. Ludwig Maria. Und er übersetzt: »Mein Jesus, ich bin
ganz dein, und alles, was mein ist, ist dein durch Maria, deine heilige
Mutter«. Die Lehre dieses Heiligen hat auf die Marienverehrung vieler
Gläubigen und auf mein eigenes Leben einen tiefen Einfluß ausgeübt. Es
handelt sich um eine gelebte Lehre von bemerkenswerter asketischer und mystischer
Tiefe, und sie ist in einem lebendigen, leidenschaftlichen Stil geschrieben,
der oft Bilder und Symbole verwendet.
Die
Liebe zu Gott durch die Vereinigung mit Jesus Christus ist das Ziel jeder
wahren Frömmigkeit, »denn« - so schreibt der hl. Ludwig Maria - »Jesus
Christus ist der einzige Lehrer, der uns lehren soll; der einzige Herr, von dem
wir abhängen sollen; das einzige Haupt, mit dem wir verbunden sein sollen;
das einzige Vorbild, dem wir nacheifern sollen; der einzige Arzt, der uns
heilen soll; der einzige Hirt, der uns Nahrung geben soll; der einzige
Weg, der uns führen soll; die einzige Wahrheit, die wir glauben sollen;
das einzige Leben, das uns erfüllen soll. Er ist das Ein und Alles, das
uns genügen soll« .
Die
Verehrung der Jungfrau Maria ist ein bevorzugtes Mittel, »dass wir Christus
vollkommen finden, ihn von ganzem Herzen lieben und ihm in Treue dienen«...
Marias völlige Bezogenheit auf Christus und in Ihm auf die Heiligste
Dreifaltigkeit kommt vor allem in den Worten zum Ausdruck: »Jedesmal, wenn du
an Maria denkst, denkt sie für dich an Gott. Jedesmal, wenn du Maria
lobst und ehrst, lobt und ehrt sie für dich den Herrn. Maria ist ganz
auf Gott bezogen, und ich nenne sie gern die reine
Gottesbeziehung, die nicht existiert, wenn nicht in Beziehung zu Gott;
oder das Echo Gottes, das nichts anderes sagt und wiederholt als Gott.
Wenn du >Maria< sagst, sagt sie >Gott<. Elisabet lobte Maria
und nannte sie selig, weil Maria geglaubt hatte. Maria, das treue Echo
Gottes, antwortete: >Meine Seele preist die Größe des Herrn< (Lk 1,46).
Was Maria bei dieser Gelegenheit getan hat, tut sie immer. Wenn
man sie lobt, liebt, ehrt oder ihr etwas schenkt, wird Gott gelobt,
wird Gott geliebt, wird Gott geehrt und wird Gott gegeben: durch
Maria und in Maria«.
Unsere
ganze Vollkommenheit besteht darin« - schreibt der hl. Ludwig Maria Grignion
von Montfort -, »Christus ähnlich, mit ihm vereint und ihm geweiht zu
sein. Ohne Zweifel ist deshalb die vollkommenste Frömmigkeit diejenige,
die uns am meisten Jesus Christus gleich werden läßt, mit ihm vereint und
ihm weiht. Da nun aber Maria von allen Geschöpfen Christus am ähnlichsten
ist, so folgt daraus, dass die Verehrung Marias, der Mutter Christi, uns
am
meisten ihm gleich werden läßt und ihm weiht. Je mehr wir also Maria geweiht
sind, desto mehr sind wir auch Christus geweiht« . Indem er sich an Jesus
wendet, bringt Ludwig Maria zum Ausdruck, wie einzigartig die Vereinigung
zwischen dem Sohn und der Mutter ist: »Sie ist durch die Gnade so in dich
verwandelt, dass sie nicht mehr selber lebt, nicht selber ist. Du allein,
mein Jesus, lebst und herrschst in ihr ... Wüßten die Christen, welche
Liebe und Ehre du in diesem wunderbaren Geschöpf empfängst ... Maria
ist mit dir so tief verbunden . Denn sie liebt dich glühender und
ehrt dich vollkommener als alle anderen Geschöpfe zusammen«
Eine
der schönsten Aussagen der Spiritualität des hl. Ludwig Maria Grignion von
Montfort bezieht sich auf die Identifizierung des Gläubigen mit Maria in
ihrer Liebe zu Jesus und ihrem Dienst für Jesus..: »Glücklich der Mensch,
der ganz vom Geist Marias geleitet und bewohnt ist! Der Geist Marias ist mild
und stark, eifrig und klug, demütig und mutig, rein und fruchtbar!«. Die
mystische Identifizierung mit Maria ist ganz auf Jesus ausgerichtet, wie
es in folgendem Gebet heißt: »Meine Mutter, gib mir deinen Geist,
dass ich Jesus Christus und seinen Willen erkenne wie du; gib mir
deine Seele, dass ich den Herrn lobpreise; gib mir dein Herz, dass ich
Gott von ganzem Herzen liebe wie du«.
(Auszüge
aus dem Apostolischen Schreiben „Durch die Verehrung der Jungfrau Maria
Christus von ganzem Herzen lieben“, 8. Dezember 2003)
Die Weihe an Maria
nach
dem heiligen Ludwig Maria von Montfort
Der
heilige Ludwig Maria von Montfort forderte eine dreiunddreißigtägige
Vorbereitung auf die Weihe an Maria. Diese Vorbereitung ist jedoch mit der
Erfüllung der Alltagspflichten durchaus vereinbar. Er schreibt:
»Seelen,
die sich dieser Form der Marienverehrung anschließen wollen, sollen zwölf Tage
darauf verwenden, sich vom Geiste dieser Welt freizumachen, da er dem
Geiste Jesu Christi entgegengesetzt ist. Dann sollen sie drei Wochen darauf
verwenden, sich durch die Gottesmutter mit Jesus Christus zu erfüllen.
Während der ersten Woche sollen sie um Selbsterkenntnis beten ...; während
der zweiten um die Erkenntnis der Stellung Marias...; während der
dritten um die Erkenntnis Jesu Christi«
Zur
Vorbereitung auf die Weihe geben wir nach den Angaben des Heiligen Hinweise für
die geistliche Lesung und Betrachtung jeden Tages. Aus der Lesung und
Betrachtung ergibt sich die besondere Aufgabe der Gewissenserforschung und
Tugendübung für jeden Tag.
Während
der ganzen Zeit soll man, wenn immer möglich, täglich Folgendes tun.
- 1. Treu und andächtig die vorgeschriebenen Gebete
verrichten.
- 2. Aufmerksam die empfohlenen Abschnitte lesen
und die darin enthaltenen Wahrheiten zum Gegenstand liebevoller
Betrachtung machen.
Das
tägliche betrachtende Gebet (von 10-30 Minuten) ist notwendig; nur durch
aufrichtiges Bemühen können wir mit der Gnade Gottes zu einem wirklichen
Fortschritt kommen. Am besten wird man am Abend die angegebenen Abschnitte
lesen und dann am Morgen über die darin enthaltenen Wahrheiten und
Geheimnisse betend betrachten. Die Betrachtung schließe man immer mit
einem
liebenden Zwiegespräch mit Jesus und Maria und einem festen Entschluss.
- 3. Eifrig eine oder mehrere Tugenden üben und
auch darüber bei der Gewissenserforschung sich Rechenschaft geben.
- 4. Die heilige Messe besuchen und die heilige
Kommunion empfangen. Wer dies nicht wirklich tun kann, tue es
wenigstens auf geistige Weise durch das Verlangen danach, um so mit
Maria in innigster Vereinigung mit Jesus zu leben.
Von
dieser Vorbereitung hängt die Aufrichtigkeit und das Verständnis unserer Weihe
ab und damit auch ihr Einfluss auf unser Leben.
Zitat
vom Diener Gottes Frank Duff, dem Gründer der Legion Mariens:
»Die
feurigen Worte des hl. Ludwig Maria erheben Unsere Liebe Frau aus der Ebene der
reinen Glaubenslehre und machen sie zu einer wirklichen Person, zu unserer
Mutter, die sich innig um unser Leben sorgt und für uns ganz und gar
unerlässlich ist, zu unserer Königin und Führerin, wo schon der bloße
Gedanke an sie genügt, um unseren Mut zu entfachen und uns anzufeuern,
das Unmögliche zu wagen.« (Victory
through Mary, 39)
Zwölf
Tage lang machen wir uns frei vom Geist der Welt
»Der
Geist der Welt ist dem Geist Jesu Christi entgegengesetzt«, sagt der Heilige
von Montfort. »Wir dürfen den falschen Grundsätzen der Welt nicht folgen; wir
dürfen nicht denken, reden und handeln wie die Weltmenschen ... Diese Loslösung
vom Geist der Welt ist viel wichtiger, als man annimmt.«
Gehen
wir darum ans Werk und verwenden wir diese zwölf Tage, um unsere Seele von
allen Gedanken, Worten und Handlungen, die den Geist der Welt atmen,
freizumachen.
Tagesordnung
für die ersten zwölf Tage
Tägliche
Gebete:
»Komm,
Schöpfer Geist« (S. 113).
»Meerstern,
ich dich grüße« (S. 109).
Geistliche
Übungen:
Betrachtung
und Gewissenserforschung über den Geist der Welt. Tugendübungen:
Selbstverleugnung, Liebe zur Armut, Verborgenheit, Demut, Reinheit,
Wahrhaftigkeit und Gehorsam.
Gebet
vor der Betrachtung in den ersten zwölf Tagen
O
Maria, unbefleckte Braut des Heiligen Geistes, Mutter Jesu und meine Mutter,
meine Herrin und Königin! Dir will ich mich ganz hingeben, durch dich ganz
Jesus gehören. Erflehe mir Licht und Kraft vom Heiligen Geist und reinige
mich vom Geist der Welt.
Komm,
Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in uns das
Feuer deiner göttlichen Liebe.
Der
Weg der christlichen Vollkommenheit
Wir
schauen im Geist unseren Herrn und Heiland Jesus Christus. Er fordert uns auf
zur Ganzhingabe an ihn durch die Hände seiner heiligsten Mutter; denn das ist
der sicherste und schönste Weg, um ein echter Jünger Jesu Christi zu
werden.
Jesus
an seine Jünger: »Wer mein Jünger sein will, der
verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein
Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. Was nützt es
einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein
Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?
Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen
und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen« (Mt 16,
24-27).
Betrachtung:
Die
ganze christliche Vollkommenheit besteht wahrhaftig darin:
Im
festen Willen, heilig zu werden: Wer mein Jünger sein will. in
der Bekehrung: der verleugne sich selbst. in der
Abtötung: er nehme sein Kreuz auf sich.
im
Handeln: und folge mir nach.
Wer
mein Jünger sein will., das heißt: jemand, der den aufrichtigen Willen hat,
einen absoluten Willen, welcher sich nicht aus der Natur, aus der Tradition,
aus der Eigenliebe, aus menschlichem Interesse oder menschlicher Rücksicht
herleitet, sondern aus einer wirksamen Gnade des Heiligen Geistes, die
nicht allen gegeben ist: »Nicht allen ist es gegeben, die Geheimnisse des
Himmelreiches zu erkennen« (Mt. 13,11; Mk 4,11). [KL]
Auf
der Ebene der wirklichen Erfahrung ist die Erkenntnis des Geheimnisses des
Kreuzes nur wenigen gegeben. Wer Kalvaria ersteigen und sich inmitten der
eigenen Leute mit Christus ans Kreuz nageln lassen will, muss mutig sein,
muss ein Held sein, muss ein entschlossener Mensch und ein Mann des
Glaubens sein. Er muss Welt und Hölle gering achten und sich nicht um den
eigenen Leib und den eigenen Willen kümmern. Er muss vielmehr bereit
sein, alles zu verlassen, sich vollkommen für Jesus Christus
einzusetzen und für ihn zu leiden. [KL]
Seid
euch bewusst, meine lieben Freunde des Kreuzes, dass jene unter euch, denen
diese Entschlossenheit abgeht, nur mit einem Fuße voranschreiten, nur mit
einem Flügel fliegen. Sie sind nicht wert, eurer Gemeinschaft anzugehören,
weil sie den Namen eines Kreuzesfreundes nicht verdienen. Denn das Kreuz
muss man wie Jesus Christus großmütig und willigen Herzens lieben. Ein
einziges halbes Wollen genügt schon, um wie ein räudiges Schaf die
ganze Herde anzustecken. Und hat sich ein solcher durch die
verruchte Pforte der Welt schon in euren Schafstall eingeschlichen, dann
soll man ihn im Namen des gekreuzigten Christus hinausjagen wie einen
Wolf, der unter die Schafe geraten ist.
Wer
mein Jünger sein will., der spreche mit Christus: Seht, ich habe mich so sehr
verdemütigt und entäußert, dass ich ein Wurm bin und kein Mensch (PS
22,7). Ich bin in die Welt gekommen, um das Kreuz zu umarmen: »Ja, ich
komme« (PS 40,8); Hebr 10,7). Ich pflanzte es tief in meinem Herzen ein, (Ps
40,9) um es zu lieben von Jugend auf (8, Weish 2) um es mein ganzes Leben
lang zu suchen: »Ich bin sehr bedrückt, solange es noch nicht vollzogen
ist!« (Lk 12,50) um es mit Freude zu tragen und es allen Wonnen des
Himmels und der Erde vorzuziehen: »Er hat angesichts der vor ihm liegenden
Freude das Kreuz auf sich genommen« (Hebr 12,2). Schließlich war ich erst dann
glücklich, als ich in seiner erhabenen Umarmung sterben konnte. [KL]
Wenn
mir also jemand auf dem Weg der Entäußerung und Kreuzigung nachfolgen will,
dann darf er sich so wie ich nur der Armut rühmen, der Verdemütigung und
des Leidens, die in meinem Kreuz eingeschlossen sind: Er verleugne sich selbst.
Fern bleiben müssen der Gemeinschaft der Freunde des Kreuzes alle,
die schlau sind in den Augen der Welt, die arroganten
Intellektuellen und alle die Anmaßenden, die sich zur Schau tragen und
sich in ihren Meinungen und Talenten aufblähen! Fern von euch seien die eitlen
Großsprecher, die so viel Lärm machen um nichts! Fern seien, die auf ihre
Frömmigkeit stolz sind und überall nur das Ich des stolzen Luzifers vor
sich hertragen: »Ich bin nicht wie die anderen Menschen!« (LK 18,11) Sie können
keinen Vorwurf ertragen, ohne sich rechtfertigen zu müssen, auch keine
Beleidigung, ohne sich zu verteidigen, noch können sie eine Demütigung
hinnehmen, ohne sich zu rächen! Hütet euch davor, in eure Gemeinschaft
verdorbene und wollüstige Menschen aufzunehmen, die vor jedem Mückenstich
Angst haben, die beim geringsten Schmerz klagen und jammern, [KL] die
sich niemals Bußwerke auferlegt haben und die genug durchtrieben sind,
ihre Zimperlichkeit und ihren Mangel an Abtötung unter ihren Modeandachten
zu verbergen.
»Er
nehme sein Kreuz auf sich« -Wie selten ist ein Mensch, der sein Kreuz auf sich
nimmt! Die ganze Welt wiegt seinen Wert nicht auf. Mit Freuden soll er es
empfangen, mit Eifer es umfangen und voll Mut es auf seinen Schultern
tragen - aber sein Kreuz und nicht das Kreuz eines andern. Sein Kreuz, das
ich in meiner Weisheit ihm nach Zahl, Gewicht und Maß zugerichtet habe,
dem ich mit eigener Hand und mit peinlichster Genauigkeit seine vier
Eigenschaften verliehen habe, nämlich Stärke, Länge, Breite und Tiefe.
Sein Kreuz, das ich ihm aus wohlwollender Liebe aus einem Teil jenes
Kreuzes herausgeschnitten habe, das ich auf Golgota trug. Sein Kreuz,
das das größte Geschenk ist, welches ich meinen Auserwählten auf Erden
machen kann. Die Stärke dieses Kreuzes sind die materiellen
Verluste,
Demütigungen, Schmerzen, Krankheiten und seelischen Leiden, die meine Vorsehung
ihm täglich bis zu seinem Tode zustoßen lässt. Die Länge, das ist die Dauer von
Tagen oder Monaten, während deren er von Verleumdung
niedergedrückt, auf ein Krankenlager gestreckt, auf Almosen angewiesen,
von Versuchungen, Trockenheit, innerer Verlassenheit und
anderen seelischen Leiden bedrängt ist. Die Breite besteht aus all
dem Harten und Bitteren, das er von seinen Freunden, Hausgenossen und
Verwandten erfährt. Die Tiefe aber liegt in jenen verborgenen Leiden, mit denen
ich ihn heimsuchen werde, ohne dass er in den Geschöpfen Trost finden
kann. Ja, auf meinen Befehl werden die Geschöpfe ihm den Rücken kehren und
sich mit mir vereinen, um ihm Leiden zu bereiten.
Er
soll es tragen; er soll es nicht nachschleppen, nicht abschütteln, nicht
wegwerfen und nicht verbergen, sondern er soll es aufrecht und offen tragen,
ohne Ungeduld und Übellaunigkeit, ohne Furcht und vorsätzliche Auflehnung, ohne
es teilen zu wollen, ohne sich zu schonen, ohne Scheu und Menschenfurcht.
Er soll es vor sich hertragen und wie der heilige Paulus sagen: »Fern
sei es von mir, mich eines anderen zu rühmen als im Kreuze
meines Meisters Jesus Christus!« Wie Jesus soll er es auf den Schultern tragen,
damit dieses Kreuz ihm zu einer Waffe der Eroberung und zu einem
königlichen Zepter werde. Und schließlich soll er es aus Liebe in seinem
Herzen tragen, damit es dort zu einem brennenden Dornbusch werde, der Tag
und Nacht von reiner Gottesliebe brennt, ohne sich zu verzehren. (Ex 3,2)